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Als
mein Großvater starb ging ich als neen (Novize) in
ein buddhistisches Kloster wat.
In Thailand heißt das buat nahfai . Thai glauben, wenn
sie sich an einer Mönch-Robe festhalten können, wenn sie ihren
letzten Weg antreten, kommen sie ins Paradies. So wurde ich
Mönch, um meinem Großvater zu helfen, ins Paradies zu kommen.
Etwa sieben Tage nach meiner Ordination wurde mein Großvater
eingeäschert. Die meisten Jungen, wie auch mein jüngerer Bruder,
werden nur für ein oder zwei Tage Mönch - ich konnte wegen
der Schulferien einen ganzen Monat bleiben.
Ich wurde Novize im Wat Yothin Phradit in der Nähe
des Hauses meiner Großeltern. Als ich zum ersten mal erfuhr,
dass ich da hin gehen sollte, hatte ich etwas Angst. Aber
später war ich darüber glücklich.
Als Vorbereitung für die Ordinations-Zeremonie mußte ich
eine Menge Sachen erlernen. Zum Beispiel die zehn Gebote für
Novizen (ältere Mönche müssen gar 227 Gebote erlernen und
behalten). Gelernt wird in der alten Sprache Pali, die sehr
schwer auszusprechen ist.
Der große Tag für mich kam, als ich ordiniert wurde. Ich
war zunächst ängstlich und aufgeregt. Zusammen mit meiner
Familie und weiteren Verwandten ging ich zum Wat. Zuerst scherten
sie mir meine Haare und die Augenbrauen. Alle im Kreis schnitten
zunächst ein Büschel ab, dann vollendete ein Mönch die Rasur.
Danach gingen wir zur Hauptkapelle zur eigentlichen Zeremonie.
Während der Feier sagten die Mönche mir Dinge, die ich in
Pali zu wiederholen hatte. Ich verstand selbst nicht die Worte,
die ich verwendete. Dann mußte ich die zehn Gebote aufsagen.
Sie bestimmen, ich darf
- nicht töten
- nicht stehlen
- keinen Sex haben
- nicht lügen
- keinen Alkohol trinken
- nicht nach 12 Uhr Mittag essen
- nicht singen oder tanzen
- keine Hüte oder Armbanduhren tragen
- nicht in einem weichen Bett schlafen
- keine größeren Geldbeträge annehmen
Dann wurde ich nach draußen genommen, wo ich meine Kleidung
gegen die Robe der Mönche auswechselte. Weil das garnicht
so einfach für mich war, half mir ein Mönch dabei. Danach
gingen wir zurück, um die Zeremonie zu beenden.
Anschließend brachte mich ein Mönch zusammen mit meinen
Eltern zu meinem kuti, dem Platz, an dem ich schlafen
würde. Meines war ein kleines Holzhaus mit drei Räumen, zwei
Schlafzimmern oben und dem Wohnzimmer unten. Ich teilte es
mir mit zwei anderen Mönchen, Phra Noo und Phra
Mongkhon . Letzterer schlief unten. Außen gelegen gab
es dann noch ein Bad mit Toilette.
Im Wohnzimmer gab es Kabel-Fernsehen und Radio, eine Play-Station,
Bücherregale, Kühlschrank, Herd, Kessel und eine Uhr. Mein
Bett bestand aus einer dünnen Matratze auf dem Fußboden und
einem Kopfkissen. Ich war sehr überrascht darüber, dass die
Mönche Spiele auf der Play-Station spielten.
Meine Eltern blieben nicht lange, dann war ich allein. Ich
war immer noch ein wenig ängstlich, aber die Mönche waren
sehr freundlich zu mir. Wir spielten ein paar Spiele zusammen,
dann ging ich gegen 21:00 Uhr schlafen. Allerdings war ich
dabei sehr hungrig, weil uns nicht erlaubt war, nach 12:00
Uhr mittags zu essen.
Zu Beginn der
Ordinations-Zeremonie…
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…und nach dem
Einkleiden.
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Mein kuti,
das Haus, in dem ich untergebracht war
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Die Mönche kleiden
sich an um aus dem Haus zu gehen
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Am ersten Tag weckten mich die Mönche um 5:00 Uhr. Sie baten
mich, ein Bad zu nehmen und mir die Robe anzulegen. Anschließend
mussten wir im kuti meditieren. Da ich das nie zuvor
gemacht hatte, mussten sie mir zeigen, was zu tun war. So
setzte ich mich mit gekreuzten Beinen auf den Boden und schloss
die Augen. Ich wiederholte dann das, was die Mönche sagten,
in Pali. Ich verstand zunächst nichts davon, später jedoch
lehrte er mich die Bedeutung der Worte.
Meditation verhilft zu innerer Ausgeglichheit und Ruhe. Die
Übung dauerte ungefähr 30 Minuten.
Gegen 8:00 Uhr verließen wir das Wat für bintabat.
Das ist, wenn die Mönche morgens in’s Dorf gehen und Almosen
sammeln. Ich ging mit Phra Noo und einem dek wat,
einem Tempeljungen, der uns helfen sollte, die Nahrung zu
tragen. Phra Mongkhon ging einen anderen Weg. Wir gingen
die gleichen Straßen hinunter, die wir fortan immer wieder
gehen sollten. Dabei war es uns nicht erlaubt, Schuhe zu tragen.
Meine Füße schmerzten deshalb und ich bekam eine Menge Blasen.
Wir hielten viele Male an bei den Menschen, die uns Nahrung
und zu trinken gaben. Sie warteten bereits außerhalb ihrer
Häuser und riefen uns herbei. Wenn sie uns die Nahrung übergaben,
durften wir nicht “Danke Ihnen” sagen. Sie tun dieses tam
bun nicht für uns, sondern um für sich selbst Meriten
zu erlangen. So sprechen wir ihnen einen Segen aus und ziehen
weiter. Wir tragen die Nahrung nicht selbst, sondern übergeben
sie dem dek wat . Nach ungefähr einer Stunde sind unsere
schwarze Almosenschüssel und weitere vier Tuchbeutel prall
gefüllt.
Zurück im Wat wählen wir die Nahrung aus, die wir für Frühstück
und Mittagessen verwenden wollen. Dann aßen wir, während unser
dek wat den kuti reinigte. Als wir fertig waren,
frühstückte der dek wat. Manchmal gab er den Hunden
und Katzen, die im Wat lebten, davon ab. Der Abwasch gehörte
ebenfalls zu den Pflichten des dek wat .
Ich schaute derweil etwas Fernsehen, spielte Video-Spiele,
und dann schlief ich für eine Weile. Gegen 11:30 aßen wir
dann zu Mittag. Alle Mönche müssen vor 12:00 Uhr ihr Mittagessen
beendet haben, nachmittags und abends dürfen wir dann nichts
mehr essen. Nur Milch zu trinken ist uns in dieser Zeit erlaubt.
So waren die meisten Tage. Ich schaute fern, hörte Radio,
spielte Video-Spiele und las Cartoons. Manchmal ging ich zu
einem nahegelegenen Shop und kaufte weitere Cartoons. Bei
der Gelegenheit kaufte ich mir manchmal auch etwas zum essen.
Aber das durfte ich ja nicht nachmittags.
Manchmal kamen meine Eltern mich morgens besuchen. Sie brachten
mir Nahrung für Frühstück und Mittagessen mit. An diesen Tagen
ging ich morgens nicht ins Dorf. Meine Eltern mussten mich
mit einem wai begrüßen, mit dem man Respekt ausdrückt.
Das machte mich verlegen, weil normalerweise ich ihnen einen
wai gebe, wenn ich zur Schule gehe oder nach Hause
zurück komme. Hier durfte ich nicht einmal mit einem wai
zurück grüßen. Zum wai legt man beide Hände über der
Brust zusammen und beugt den Kopf nach unten.
Hier ist meine
Mutter mit meinem jüngeren Bruder zu Besuch. Sie haben
mir Essen mitgebracht und sie reicht es mir hier.
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Ich muss alleine
essen, weil ich als neen nicht zusammen mit
den Mönchen essen kann.
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An den Abenden nahm ich normalerweise gegen 8:00 ein Bad.
Anschließend meditierte ich mit Phra Noo und Phra
Mongkhon für ungefähr 30 Minuten. Ich mochte das Meditieren
nicht sonderlich, weil es sehr langweilig und in einer sehr
unbequemen Haltung abzuhalten war. Danach ging ich sofort
ins Bett, weil wir morgens so früh aufstehen mussten.
Am letzten Tag kamen meine Eltern um mich abzuholen. Zur
Beendigung meiner Novizenzeit fand eine spezielle Zeremonie
seauk statt. Auch hier musste ich nachsprechen, was
ein Mönch in Pali vorsagte. Danach musste ich meine Robe wieder
gegen Hose und T-Shirt tauschen.
Ich war glücklich, wieder gehen zu können, weil ich dann
wieder nachmittags und abends essen kann, wenn mich der Hunger
überkommt. Aber ich war auch glücklich, dass ich meinem Großvater
hatte helfen können.
Mehr Fotos aus meiner Zeit als Novize:
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Beim Begräbnis meines Großvaters
höre ich dem Singen des Mönches zu.
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Wie jeder männliche
Thai war auch Nattawud
einmal Mönch im buddhistischen Kloster. Hier seine Schilderung
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